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„Ich fühl mich so leer, ich fühl mich Brandenburg“

„In Berlin bin ich einer von 3 Millionen, in Brandenburg kann ich bald alleine wohnen“, sang einst Reinald Grebe. So ganz unrecht hat er nicht. Vor einigen Wochen stellte eine von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie fest, dass die meisten Deutschen keine Vorstellung davon haben, wie Brandenburg ist. Die Brandenburger Landesregierung hat wohl auch keine Idee, welche Gründe Menschen haben sollten, nach Brandenburg zu ziehen. Denn sie will in diesem und im kommenden Jahr 200 000 Euro zur Verfügung stellen, um Menschen dafür zu bezahlen, nach Brandenburg zu ziehen.

Löst diese Summe die demographische Probleme Brandenburgs? Natürlich nicht. Ein Zuschuss zum Grundstückserwerb wird niemanden davon überzeugen zurückzukehren. Die Mieten und Grundstückpreise in Brandenburg sind bereits jetzt sehr niedrig im Vergleich zu anderen Bundesländern. In München zahlen Mieter über 12 Euro pro Quadratmeter, in der Uckermark liegen die Mietpreise zwischen 4 und 6,50 Euro, sind also maximal halb so hoch. Dennoch ziehen vor allem junge Menschen deutlich lieber in die bayerische Landeshauptstadt als in den Norden Brandenburgs. Die Erklärung dafür ist natürlich simpel: In München gibt es ein umfangreiches Kultur- und Freizeitangebot, eine gute Nahverkehrsanbindung, das gewisse „Flair“ und vor allem eines – Ausbildungsmöglichkeiten. In Brandenburg suchen die Unternehmen zwar händeringend Auszubildende und Fachkräfte. Doch bis zur Berufsschule müssen die Auszubildenden häufig mehr als eine Stunde fahren. Für 16-jährige oder einfach Auszubildende ohne eigenes Auto ist das natürlich schwer zu bewerkstelligen. Der fortschreitende Rückbau oder gar die Schließung von Oberstufenzentren wie in Neuruppin, Forst, Cottbus, Herzberg und der Uckermark verschärfen dieses Problem noch weiter. Das geringe Angebot an (renommierten) Universitäten und Hochschulen in Brandenburg zwingt die Brandenburger Abiturienten zudem faktisch dazu, für das Studium in ein anderes Bundesland zu ziehen. Viele bleiben dann auch nach dem Studienabschluss dort, schließlich will man sein soziales Netzwerk nicht andauernd neu aufbauen.

Sogenannte „Buschprämien“ wurden von der Brandenburger Landesregierung auch schon in der Vergangenheit für Lehrer und Ärzte ausgelobt. Die Resonanz war gering. Das Problem des Lehrer- und Ärztemangels resultiert ganz sicher auch daraus, dass nur an der Universität Potsdam in Brandenburg Lehrer ausgebildet werden. Brandenburg ist zudem neben Mecklenburg-Vorpommern das einzige Bundesland, welches keine Berufsschullehrer an seinen Universitäten ausbildet. Auch Medizin kann man in Brandenburg an keiner einzigen staatlichen Universität studieren. Es ist offensichtlich, dass der Lehrer- und Ärztemangel hausgemacht ist.

Statt also die tatsächlichen Gründe für den Wegzug junger Menschen anzupacken, hält die Landesregierung ihre Schuldigkeit mit der Bereitstellung der finanziellen Mittel für getan. Die Verantwortung für die Einsetzung der Gelder trägt auch nicht die Landesregierung, sondern private und ehrenamtliche Vereine und Gruppierungen. Um auf die Fördermittel zugreifen zu können, müssen diese aber zunächst 20 Prozent der Fördersumme selbst aufbringen. Hinzu kommt, dass es bisher vor allem Rentner waren, die für ihren Ruhestand nach Brandenburg zurückkehrten. Dabei braucht Brandenburg ganz dringend junge Menschen, die in unserem schönen Bundesland mit anpacken. Diese bleiben und kommen aber nur, wenn Brandenburg ihnen etwas bieten kann. Durch die Aufwertung der Lehre, einen Ausbau des Ausbildungs- und Studienangebots vor Ort sowie die Gründung von An-Instituten hätte Brandenburg mehr zu bieten als bisher. Dann kommen die Menschen auch nach Brandenburg, ohne dass sie dafür bezahlt werden.