Neue deutsche Aktienkultur
Immer mehr Menschen in Deutschland entschließen sich zur privaten Anlage und Vorsorge mithilfe eines breit gestreuten Aktienportfolios. Insbesondere in den letzten Jahren zeichnet sich eine neue deutsche Aktienkultur ab.
Dieser Entwicklung muss auch der Gesetzgeber gerecht werden. Dazu gehört die Stärkung der Attraktivität privater Investitionen und Kleinanlagen auf der einen Seite, aber auch ein schlagkräftiger Verbraucherschutz auf der anderen.
Finger weg von meinem Plus
Altersvorsorge, Hausbau oder die Hoffnung auf finanzielle Freiheit - die Gründe zur langfristigen Geldanlage sind vielfältig. Wer sein Vermögen über Jahre oder Jahrzehnte hinweg anlegt, betreibt keine Spekulation.
Daher fordern wir die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist. Werte, die über eine Dauer von fünf Jahren gehalten wurden, sollen von der Kapitalertragsteuer vollständig befreit werden. Grundsätzlich setzen wir uns für einen Erhalt der Kapitalertragsteuer ein. Sie sollte nicht durch den individuellen Einkommensteuersatz ersetzt werden.
Eine Besteuerung von Buchgewinnen, also nicht realisierten Gewinnen, lehnen wir scharf ab. Auch die Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer halten wir für fahrlässig. Sie gefährdet nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland, sondern bestraft insbesondere auch inländische Kleinanleger.
Wir begrüßen die geplante Erhöhung des Sparerpauschbetrags auf 1.000 Euro ab 2023. Die Entwicklung der Höhe des Sparerpauschbetrags sollte jedoch zukünftig an die Inflation gekoppelt werden.
Zeiten ändern dich – und dein Portfolio
Finanzprodukte entwickeln sich weiter: Neue Fonds werden aufgelegt, bestehende Fonds fusioniert oder Kostenquoten angepasst. So kann es passieren, dass z.B. der ETF in meinem Sparplan gar nicht mehr das für dich passende Angebot ist.
Daher wollen wir einen unkomplizierten Wechsel ohne einen Teilverlust der Gewinne durch die Kapitalertragsteuer ermöglichen – auch vor Ablauf der fünfjährigen Spekulationsfrist.
So sollen beim Umschichten, sprich dem Verkauf alter und dem Zukauf anderer, neuer Anteile, von Fonds mit dem gleichen Vergleichsindex die Kapitalertragsteuer bereits ab einer Haltedauer von einem Jahr entfallen.
Dadurch stärken wir die Wahlfreiheit der Anleger und erhöhen den Wettbewerb um das beste Angebot unter den Fondsgesellschaften, ohne großflächige Spekulation mit Tracking-Unterschieden zu erlauben.
Aktien sind für uns alle Neoland
Seit 2019 erhält eine neue Generation von Onlinebrokern in Deutschland großen Zulauf, die sogenannten Neobroker. Ähnlich wie Neobanken punkten die Anbieter vor allem mit niedrigen Kosten und einfacher Bedienbarkeit, während sie etwa Abstriche beim Kundenservice machen.
Der niedrigschwellige Zugang über schlanke Apps und die günstige Preisstruktur machen den Einstieg in die Welt der Aktien besonders einfach, auch für Neulinge und junge Menschen. Neobroker fördern maßgeblich die neue deutsche Aktienkultur und sind ein wertvolles Werkzeug zum einfachen und selbstständigen Vermögensaufbau.
Die Jungen Liberalen sprechen sich gegen das von der EU geplante Verbot von Rückvergütungen auf außerbörslichen Handelsplätzen, sogenannten ,,Payments for Order Flow”, im Rahmen einer Novellierung der Finanzmarktrichtlinie aus.
Derartige Provisionen sind bereits seit Jahrzehnten gängig und keine Erfindung von Neobrokern. Häufig werden die Zahlungen sogar an den Kunden weitergegeben: Bei Neobrokern durch die extrem günstigen, teilweise nicht vorhandenen, Tradinggebühren; bei klassischen Onlinebrokern durch eine Anrechnung und somit vergünstigte Ordergebühren.
Wir sprechen uns dafür aus, dass weiterhin transparent und eindeutig in der Kostenaufstellung kenntlich gemacht werden muss, ob und in welcher Höhe ein ,,Payment for Order Flow” stattfindet.
Über die bestehende Regelung hinaus fordern wir, dass in einer Aufschlüsselung dargelegt wird, wie sich die jeweilige Höhe der Rückvergütung zusammensetzt. Dazu gehören neben dem Grundbetrag etwaige Zuschläge für risikoreichere Assets oder Transaktionen in Randzeiten mit niedrigem Handelsvolumen.
Freier Handel für freie Bürger
Den Handel von einzelnen Wertpapieren einzuschränken, zu unterbinden oder anderweitig zu regulieren, ist nicht Aufgabe eines Brokers. Dennoch setzen einige Anbieter regelmäßig den Handel mehrerer Aktien aus, wie etwa als Reaktion auf den Gamestop Short Squeeze Anfang 2021.
Die Jungen Liberalen kritisieren derartige Eingriffe in den Markt scharf. Im Sinne der Aufklärung und des Verbraucherschutzes befürworten wir jedoch die Einblendung entsprechender Hinweise bei ungewöhnlichen Kursentwicklungen.
Im Sinne der liberalen Eigenverantwortung sollte ein Broker nicht die Handelsmöglichkeiten eines Anlegers eigenmächtig einschränken dürfen. Stattdessen sollte er ihm das Handwerkszeug geben, um eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen.
Die Börse ist kein Spiel
Der Handel mit Wertpapieren birgt immer Risiken und sollte daher stets mit der notwendigen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit passieren. Das sollten auch die Broker widerspiegeln.
Daher lehnen wir jegliche Gamification von Trading Apps ab. ,,Achievements”, ,,Streaks” und Co. gehören in Videospiele, aber nicht in die eigene Vermögensverwaltung. Auch Push-Benachrichtigungen, SMS oder Mails, die zu mehr Trades motivieren sollen, empfinden wir als unseriös und lehnen sie ab.
Eine entsprechende gesetzliche Regulierung im Sinne des Verbraucherschutzes würden wir begrüßen.
Das Werben für Anlageprodukte durch Privatpersonen, Influencer und andere Personen des öffentlichen Lebens ohne nachweisliche Kenntnisse wollen wir beschränken. So sollen potentielle Anleger geschützt und ,,Pump and Dump”-Strategien schwieriger gemacht werden.
Komm’ nicht in die Gruppe
CFDs oder auch Differenzkontrakte sind ein hochspekulatives Finanzinstrument. Je nach Anbieter verlieren zwischen 68 Prozent und 89 Prozent der Privatanleger ihr komplettes oder zumindest Teile ihres eingesetzten Kapitals.
Im Sinne des eigenverantwortlichen Handelns wollen wir den Handel mit CFDs nicht grundsätzlich verbieten. Wir sprechen uns jedoch für eine stärkere Regulierung aus.
Wir fordern ein grundsätzliches Werbeverbot für den CFD-Handel. Außerdem soll es keine Referral-Programme mehr bei Anbietern von Differenzkontrakten geben.
Bei Hebelzertifikaten und anderen Geldmarktinstrumenten, die ein Handeln mit Fremdkapital erlauben, soll dieser Umstand deutlicher kommuniziert werden müssen. Ähnlich wie bei CFDs wollen wir für Privatanleger eine Nachschusspflicht generell ausschließen.