Weggesperrt und Rückfällig – offenen Vollzug stärken
150€ pro Tag - etwa so viel kostet ein Häftling den Deutschen Staat. Eine oft debattierte Zahl, da sie nicht nur die Lebensbedingungen von Häftlingen, sondern auch die Mentalität von Justiz und Gesellschaft gegenüber dem Strafvollzug widerspiegelt. Viel zu oft scheint das Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ noch Anwendung zu finden. So bleiben viele Chancen in Punkto Resozialisierung auf der Strecke.Um eins klarzustellen: hier geht es nicht um Kapitalverbrechen und Kriminelle, die eine massive Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen. Hier müssen Auflagen engmaschig kontrolliert werden und bei Verstößen entsprechende Repressalien das Mittel der Wahl bleiben. Jedoch ist bei weitem nicht jedes Vergehen derart gravierend und zahlreiche Statistiken legen nahe, dass Haftstrafen kein effektives Mittel gegen eine langfristige Kriminalitätsbekämpfung sind. So werden schätzungsweise 60 - 70 Prozent aller Häftlinge in Deutschland im Laufe ihres Lebens rückfällig. Diese 150€ könnten jedoch besser investiert werden. Nur durch einen stärkeren Fokus auf Resozialisierung und weniger auf Bestrafung kann hier eine Verbesserung erreicht werden.
Konkret fordern wir deshalb die Initiierung eines Pilotprojekts nach dem dänischen Vorbild des „Familienhauses Engelsborg“. Hier ist es Häftlingen (nach Antrag und guter Führung) möglich das letzte Jahr ihrer eigentlichen Haftdauer in relativer Freiheit zu verbringen, speziell um den Umgang mit ihren Familien mit Hilfestellung zu lernen. Ergänzt kann diese Grundkonzeption auch für alleinstehende Häftlinge sinnvoll sein, da etwa eine (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert, so finanzielle Motive als Hauptursache für einen Rückfall verringert werden könnten und ein „normaler“ Alltag mit Sozialkontakten Stabilität bieten kann.