Beschlüsse

Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit - Reform der Organspende

Eine Organtransplantation ist für viele schwerkranke Menschen die einzige Möglichkeit auf Lebensrettung oder Linderung eines schweren Leidens. Viele Menschen, die auf der Warteliste für eine Organtransplantation stehen, sterben, weil für sie kein Spenderorgan zur Verfügung steht. Menschen mit einem funktionsgestörten Organ können nicht mehr frei und selbstbestimmt leben. Auch der Profession kann man nicht mehr oder nur in geringerem Maße nachgehen. Dabei produzieren medizinische Maßnahmen wie Dialyse jährlich Kosten in Milliardenhöhe für die Krankenkasse. Und natürlich sterben auch viele Menschen, jeden Tag sind es 3, die auf ein Organ warten. Aus diesen Gründen muss sich etwas tun in Bezug auf Organspende.

Ja zur Entscheidungslösung 

Die Entscheidung, Organe und wenn ja, welche zu spenden, sollte von jedem Menschen jederzeit bewusst und frei getroffen werden können. Daher sprechen sich die JuLis Brandenburg für die Beibehaltung der erweiterten Entscheidungsregelung, sowie für stark verbesserte Aufklärung über Organspenden aus sowie einen Entscheidungshinweis alle 5 Jahre ab dem 18. Lebensjahr. Dies ist nötig, um Angst oder Unverständnis gegenüber dem Spenden von Organen abzubauen.

Das geplante Organspenderegister erachten wir als große Chance, den Willen der Personen strikt zu beachten und die Organspende transparenter und einfacher zu machen. Dafür muss auch die Information über dieses Portal niederschwellig und verständlich vermarktet werden.

Trotz dessen sehen wir die derzeitige Lage in Deutschland sehr kritisch und falls sich keine erhebliche Verbesserung ergibt, muss die Debatte zu einer Widerspruchslösung am Beispiel von Spanien oder Schweden geführt werden. Bis dahin sehen wir aber noch viele Stellschrauben, an denen gedreht werden kann.

Potenziale nutzen 

Spanien ist das Vorzeigeland, was die Organspende angeht. Neben der Widerspruchslösung betrachten wir 2 Punkte als entscheidend für diese Situation an.

  1. Bessere Koordination

Koordinationsteams für Organspenden stehen in jedem größeren Krankenhaus bereit und händeln den Ablauf von Organspenden. In Deutschland gibt es zwar Transplantationsbeauftragte in manchen Krankenhäusern, aber dies wird der Wichtigkeit und Komplexität von Organspenden nicht gerecht. Aus diesem Grund fordern wir, dass es in jedem größeren Entnahmekrankenhaus ein Koordinationsteam gibt, welches speziell für Organspende zur Verfügung steht. Dies muss auch finanziell attraktiv für die Krankenhäuser gestaltet werden. Auch die Zusammenarbeit mit der DSO muss besser gestaltet werden.

  1. Organspende nach Herztod

In Deutschland darf ein Organ erst nach dem Hirntod entnommen werden – in Spanien bereits nach dem Herztod. Dies birgt enormes Potenzial, da die meisten Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben. Eigentlich birgt die Transplantation nach dem Herztod keine Nachteile, nur die Schnelligkeit, in der gehandelt werden muss, ist niedriger.

Außerdem möchten wir, dass auch unkonventionelle Organspenden zugelassen werden. Darunter zählt z.B. die anonyme Lebendorganspende zu ermöglichen. Es muss daher auch möglich sein, Organe aus rein altruistischen Motiven zu spenden. Diese anonyme Lebendspende wird bereits in Teilen der USA, Großbritannien und den Niederlanden praktiziert. Sie sieht vor, dass die Organe eines Spenders einem ihm unbekannten und nicht bestimmbaren Empfänger gegeben werden. Die Spende nimmt an der Verteilung nach den gleichen Kriterien wie die der postmortalen Spende teil.

Aber auch die sog. “Cross-over-Spende” muss aus dem rechtlichen Graubereich herausgeholt werden und via Register offen praktiziert werden. Dabei muss auch die reine Liebe zu dem Partner/Partnerin/Familienmitgleid ein valider Grund sein. Zumindest müssen die Ethikratstatuten vereinfacht werden und sich an die Lebensrealität chronisch kranker Personen orientieren. Natürlich bleiben gewisse Evaluierungsmaßnahmen und das Feststellen der Freiwilligkeit dabei bestehen.

Aufklärung

Die Regierung sollte Bildungs- und Aufklärungskampagnen starten, um die Bevölkerung über die Bedeutung und die Vorteile der Organspende zu informieren.

Die Regierung sollte eine bessere Koordination der Organspende sicherstellen, um die Effizienz und die Verfügbarkeit von Spenderorganen zu erhöhen.

Um aber in dieser Frage eine bewusste Entscheidung zu treffen, muss das fachliche Wissen zur Thematik erweitert werden. Vor allem bei den jungen und nachfolgenden Generationen muss eine Sensibilität für die Bedeutung des Themas entstehen. Deshalb sollte besonders in den Schulen Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Die Kultusministerien der Länder gestalten die Lehrpläne für die verschiedenen Schulzweige und -formen. Die Verpflichtung zur Durchführung von Informationstagen oder die Festlegung einer gewissen Anzahl von Unterrichtsstunden pro Jahr zu diesem Thema sollten dabei geforderte Konsequenzen sein.

Im Medizinstudium ist die Auseinandersetzung mit Organspende bisher kein verpflichtendes Thema. Hier besteht dringender Handlungsbedarf! Nur informierte Ärzte sind in der Lage, die Aufklärungsarbeit weiterzugeben und den vielen Vorurteilen gegenüber der Organspende entgegenzuwirken. Deshalb sollte das Thema Organspende in das Medizinstudium verpflichtend integriert werden.

Darüber hinaus ist es unverzichtbar, dass alle öffentlichen Institutionen und Gebäude Informationsadressen und -material auslegen, z.B. sollten Organspendeausweise an allen öffentlichen Stellen verfügbar sein. Nur so kann ein Informationsfluss gewährleistet werden.

Zusätzlich sollten sich auch Arztpraxen mehr in der Verantwortung stehen, über Organspende zu informieren. Deshalb sollten sie regelmäßig die Empfehlung erhalten, Ausweise und Informationsmaterial für ihre Patientinnen und Patienten zur Verfügung zu stellen.

Innovation als Problemlöser

Um den Herausforderungen der Zukunft begegnen zu können, setzen wir neben aktuellen und kurzfristigen Lösungen zur Erhöhung der Spenderorgane aber vor allem auch auf wissenschaftliche Innovationen. Hier sind sowohl die Stammzellenforschung und Ansätze des therapeutischen Klonens zu nennen, die mittelfristig den Bedarf an Spenderorganen und Geweben vollständig unabhängig von menschlichen Spendern machen können. Aber auch Ansätze im Bereich von Xenotransplantaten, also der Anzucht von empfängerkompatiblen Organen in gentechnisch veränderten Tieren, stellt eine vielversprechende Möglichkeit dar, um nachhaltige und vor allem auch verträglichere Lösungen für Patienten zu finden.

Hierfür muss Deutschland als Innovationsstandort wieder attraktiver werden, damit wir die Entwicklungen mitgestalten können, statt nur auf Entwicklungen aus dem Ausland zu reagieren. Restriktive Forschungs- und Anwendungsverbote sind schlicht nicht zeitgemäß und spielen leichtfertig mit dem Leben zukünftiger Organ-Empfänger. Wir sprechen uns gegen pauschale Forschungs-, Anwendungs- und Denkverbote aus und wollen eine offene Debatte über die Möglichkeiten innovativer Technologien führen. Bedenken dürfen nicht dazu führen, dass wir auch langfristig weiter auf die menschliche Organspende angewiesen sind, die mit verschiedensten Problemen höchstens als Brückentechnologie angesehen werden kann.